Medikamente privat bezahlen?
Ein Problem von seltenen Krankheiten ist leider, dass sich meist keine Medikamente auf dem Markt befinden, um die Betroffenen richtig zu therapieren. Die Pharmakonzerne sind nicht daran interessiert teure klinische Studien für einen so kleinen Patientenkreis zu finanzieren, um die Zulassung für ein neues Medikament zu erwirken. Schließlich möchten sie Profit damit erzielen. Somit wird bei der medikamentösen Therapie auf Arzneimittel zurück gegriffen, die vom Prinzip her nicht für diese Krankheit zugelassen wurden. Es kommt zum sogenannten „off-label-use“.
Als Erkrankter hat dies konkret zur Folge, dass man bei manchen Ärzten z.B. kein Rezept mehr für Acetazolamid-haltige Medikamente wie Diamox oder Glaupax bekommt. Warum? Es wird befürchtet, von den Krankenkassen in Regress genommen zu werden und im Weiteren auf den Kosten des vermeindlich gegen die Regeln verschriebenen Medikamentes sitzen zu bleiben. Was ist der Hintergrund? Was kann ich dagegen tun?
Seit einigen Jahren muss die GKV solche Off-Label-Therapien nicht mehr generell übernehmen. Das stellt den Arzt natürlich vor neue Herausforderungen. Er hat allerdings die Möglichkeit, bei der Krankenkasse einen formlosen Antrag zur „Verordnung außerhalb der Zulassung“ zu stellen. Wenn die Genehmigung der Krankenkasse dann kommt, ist alles im grünen Bereich und der behandelnde Arzt braucht keinen Regress zu befürchten.
In der Regel fragt die Krankenkasse beim medizinischen Dienst an. Dort entscheiden dann Mediziner nach Aktenlage und geben der Krankenkasse eine Empfehlung ab.
Nur unter besonderen Voraussetzungen wird die Verordnungsfähigkeit anerkannt:
- Bei Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung
- keine andere Therapie verfügbar ist und wenn
- aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg erzielt werden kann.
Die o.g. Kriterien treffen bei (I)IH auf jeden Fall zu!
Legen Sie in Zusammenarbeit mit Ihrem Hausarzt oder Neurologen zum o.g. Antrag die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) bei. Hilfreich ist auch eine Bestätigung des Krankenhauses, dass Sie auf dieses Medikament angewiesen sind. (Je mehr Ärzte Sie mit ins Boot holen können, desto besser!)
Sollte dennoch eine Ablehnung des Antrages erfolgen, schreiben Sie einen Widerspruch. Wir empfehlen keine mündlichen Diskussionen mit Ihrer Kasse, da nur Schriftliches zählt! Fordern Sie Akteneinsicht, d. h. Sie haben auch das Recht sich die Anfrage der GKV an den medizinischen Dienst (MDK) in Kopie zuschicken zu lassen. Hier können Sie prüfen, ob evtl. suggestiv angefragt wurde (das dürfen die Kassen nämlich nicht), ebenso wie die Stellungnahme des MDK.
Tipps erhalten Sie auch bei unabhängigen Patientenberatungsstellen, wie sie in vielen größeren Städten vorhanden sind. Auch die Achse e. V. bietet eine Betroffenenberatung an. Wenn nichts mehr voran geht, bitten Sie zeitgleich das BVA (das Bundesversicherungsamt, ähnlich einer Aufsichtsbehörde für alle Versicherungen) z.B. per Mail um Hilfe. Sie möchten die Lage prüfen.
Man kann sich auch einen Anwalt nehmen, allerdings zieht das vermutlich alles in die Länge und kostet Zeit und Geld. Es besteht auch die Möglichkeit beim Sozialgericht eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Beim Eilverfahren prüfen die Sozialgerichte in der Regel innerhalb weniger Wochen oder Monate den Anspruch.